Kurzes Gedicht über die Liebe

 

 

Ich will nicht viel drumherum reden- eigentlich

       ist alles ganz einfach: du kommst auf die

Welt, wunderst dich kurz über das Licht & die

       Schwerkraft- und vor allem saugst du die

Luft ein zum ersten Atemzug. Vor allem das.

       Normal scheint zu sein, daß du dich etwas

erschreckst über die gänzlich neuen Bedingungen

       um dich herum & in dir drin- vielleicht

spürst du noch die Reste der Bauchwärme deiner

       Mutter- und urplötzlich ein Wind, als wollte jemand

dich kaltmachen. Sei unbesorgt, hier draußen

       lauern noch mehr Gefahren- so ist das Leben

unter freiem Himmel (die Chance, sehr weit sehen

       zu lernen). Hat die Schwerkraft dich erst einmal

in ihre Arme geschlossen- du merkst nun, dein

       Druckempfinden hat sich in ganz neue Dimen-

sionen der Berührung geweitet- dann steht vor dir

       die schwere Aufgabe des ersten Ausatmens: nur

so wird das Dasein zum Leben, zum Aufschrei der

       Freiheit eines eigenen Blutkreislaufs inmitten

einer Welt, die es von jetzt an ganz & gar auf dich abgesehen hat.

       Doch sei unbesorgt, mit dem Schrei verschwindet

auch die Angst in den Ohren. Und hast du vergessen aus-

       zuatmen, dann werden andere Angst bekommmen, um mit einem

Klaps auf den Po der Schwerkraft zu ihrem Recht zu verhelfen.

       Um es kurz zu machen: der Kosmos kann rechnen, und

Schritt für Schritt solltest du lernen, ihn zu verstehen.